Anhang II: Kirchengesetzliche Ordnungen mit arbeitsvertragsrechtlicher Relevanz

6. Dienstordnung für Gemeindereferentinnen/Gemeindereferenten in den bayerischen (Erz-)Diözesen

I. Allgemeiner Teil
1. Beruf und kirchliche Stellung

1.1. „Gemeindereferentin/Gemeindereferent“ bezeichnet einen pastoralen Beruf im kirchlichen Dienst, der Frauen und Männern offen steht. Taufe und Firmung, die allen Gliedern der Kirche die Teilhabe am gemeinsamen Priestertum der Gläubigen vermitteln, sind die sakramentale Grundlage für diesen Dienst. Gemeinsam mit Priestern, anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Ehrenamtlichen arbeiten Gemeindereferentinnen/Gemeindereferenten beim Aufbau und bei der Bildung lebendiger Gemeinden mit. Durch die Teilnahme an den drei Grunddiensten Verkündigung, Liturgie und Diakonie tragen sie zur Wirksamkeit des Dienstes der Kirche in den verschiedenen Lebensbereichen bei.
Für ihre Aufgaben bedürfen Gemeindereferentinnen/Gemeindereferenten entsprechender menschlicher und religiös-kirchlicher Voraussetzungen, einer theologisch-pastoralen Ausbildung sowie der Bereitschaft, sich mit den Lebensbedingungen der Gemeindemitglieder vertraut zu machen.
Als kirchlicher Beruf steht ihr Dienst unter der Leitung des (Erz-)Bischofs, der sie auch zu ihrem Dienst sendet. Im jeweiligen Einsatzbereich ist die/der für die Leitung Verantwortliche die/der unmittelbare Dienstvorgesetzte.

1.2. Innerhalb ihrer Mitwirkung in den Grunddiensten der Gemeindepastoral werden Gemeindereferentinnen/ Gemeindereferenten mit Aufgaben auch eigenständig betraut. In diesen besonders übertragenen Aufgaben kommt ihnen Eigenverantwortlichkeit zu. Bei der Stellenzuweisung ist darauf zu achten, dass sowohl die Anforderungen der jeweiligen Einsatzstelle als auch die individuellen Fähigkeiten und erworbenen Kompetenzen der Gemeindereferentin/des Gemeindereferenten berücksichtigt werden. Die Arbeitszeit lässt sich wegen des besonderen Dienstes der Gemeindereferentin/des Gemeindereferenten in der Regel nicht nach gleichbleibenden Dienstplänen festlegen.

1.3. Wo es erforderlich ist, kann bei entsprechender Eignung eine Gemeindereferentin/ein Gemeindereferent neben dem ihr/ihm eigenen beruflichen Auftrag zur Übernahme einzelner Aufgaben des kirchlichen Amtes herangezogen werden.
Solche Beauftragungen erfolgen durch den dazu bevollmächtigten Amtsträger. Längerfristige Beauftragungen werden vom (Erz-)Bischof ausgesprochen.

1.4. Die Berufsbezeichnung „Gemeindereferentin/Gemeindereferent“ gilt nach erfolgreichem Abschluss der Zweiten Dienstprüfung und erfolgter Anstellung. Während der Berufseinführung lautet die Berufsbezeichnung „Gemeindeassistentin/Gemeindeassistent“.

2. Einsatzorte und Aufgaben

2.1. Der Einsatz erfolgt:
– in der Regel in einer Pfarrgemeinde bzw. einer größeren Seelsorgeeinheit;
– je nach pastoraler Situation auch im kategorialen Bereich (z. B. Kranken-, Jugend-, Familien-, Altenseelsorge, Verbandsarbeit, caritativer Dienst, Bildungsarbeit, Aus- und Fortbildung, geistliche Begleitung).
Die Gemeindereferentin/der Gemeindereferent soll nach Möglichkeit am Einsatzort wohnen.

2.2. Schwerpunkte der Tätigkeit sind:
– das Zusammenführen der Gläubigen zum Aufbau lebendiger geschwisterlicher Gemeinden;
– das Entdecken und Fördern der verschiedenen Charismen;
– die Ermutigung, Qualifizierung und fachliche Begleitung ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter;
– die seelsorgliche Begleitung von Zielgruppen;
– die Übernahme von besonderer Verantwortung in Teilbereichen des gemeindlichen Lebens.

Die einzelnen seelsorglichen Tätigkeiten vollziehen sich in den drei Grunddiensten Verkündigung, Liturgie und Diakonie.

Im Bereich Verkündigung (Verkündigung des Evangeliums in konkreten Lebenssituationen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen) vor allem:
– Gewinnung, Befähigung und Begleitung Einzelner und Gruppen zum Glaubensgespräch und Glaubenszeugnis und zur ehrenamtlichen Mitarbeit;
– Befähigung von Eltern und anderen zu Einführung der Kinder in den Glauben und in das Leben mit der Kirche;
– Vorbereitung zum Sakramentenempfang und Begleitung katechumenaler Wege;
– schulischer Religionsunterricht und Schulpastoral;
– Bibelarbeit und kirchliche Bildungsarbeit;
– Vorbereitung und Durchführung von Glaubensseminaren, Besinnungstagen und Exerzitien;
– geistliche Begleitung.

Im Bereich Liturgie (Feier des Glaubens in Gemeinschaft) vor allem:
– Mitwirkung bei der Planung, Vorbereitung und Gestaltung von Gottesdiensten;
– Leitung von Wortgottesfeiern und anderen gottesdienstlichen Feiern;
– Gewinnung, Befähigung und Begleitung ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter (Liturgiekreise);
– Anregung und Befähigung zum Mitvollzug liturgischer Feiern.

Im Bereich Diakonie (Lebenshilfe aus dem Geist des Evangeliums) vor allem:
– seelsorgliche Gespräche;
– Hausbesuche im Sinne von nachgehender Seelsorge;
– Krankenpastoral;
– Begleitung von einzelnen und Gruppen in verschiedensten Lebenssituationen und Lebensphasen;
– Gewinnung, Befähigung und Begleitung ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter;
– Kooperation mit Verbänden sowie kirchlichen und kommunalen Einrichtungen im Bereich der Caritas und des Sozialwesens;
– offene Jugendarbeit;
– kirchliche Gremienarbeit.

2.3. Je nach pastoraler Situation und Beauftragung können Gemeindereferentinnen/Gemeindereferenten im Rahmen der geltenden kirchenrechtlichen Bestimmungen bei folgenden Aufgaben des kirchlichen Amtes mitwirken: Kommunionspendung, Segnungen, Leitung von Wortgottesfeiern, Predigtdienst, Leitung von Trauer- und Begräbnisfeiern.

2.4. Der zuständige Bischof kann in besonderen Fällen Gemeindereferentinnen/Gemeindereferenten mit der Aufgabe eines Stellvertretenden Kirchenverwaltungsvorstandes (vgl. Kirchenstiftungsordnung) oder einer/eines Pfarrbeauftragten (vgl. c. 517 § 2 CIC) betrauen.

2.5. Die unter 2.2.–2.4. genannten Aufgaben können im Sinn einer kooperativen Pastoral nur unter der Leitung des/der für den jeweiligen Einsatzbereich Verantwortlichen und im Zusammenwirken mit den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Ehrenamtlichen erfüllt werden.

2.6. Die Gemeindereferentin/der Gemeindereferent nimmt an den regelmäßigen Seelsorge- bzw. Dienstbesprechungen teil, ebenso an den Seelsorgekonferenzen auf Dekanatsebene.

2.7. Die Mitgliedschaft in kirchlichen Gremien richtet sich nach den Bestimmungen der entsprechenden kirchlichen Ordnungen.

3. Voraussetzungen für den Dienst

Für die Anstellung als Gemeindereferentin/Gemeindereferent müssen bestimmte menschliche, religiös-kirchliche und fachliche Voraussetzungen gegeben sein sowie die Bereitschaft, diese weiterzuentwickeln.

3.1. Menschliche Voraussetzungen sind: die für den Beruf erforderliche körperliche und seelische Gesundheit, Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit, Unterscheidungs- und Entscheidungsfähigkeit, Fähigkeit zur Wahrnehmung eigener Verantwortung, Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft, Konflikt- und Kritikfähigkeit, Diskretion, Fähigkeit zu realistischer Selbsteinschätzung, organisatorische und gestalterische Fähigkeiten, Bereitschaft zum Eingehen auf unterschiedliche Lebenssituationen der Menschen, Fähigkeit zur Bewältigung der Aufgabenvielfalt.

3.2. Religiös-kirchliche Voraussetzungen sind persönliche Gläubigkeit und das Bemühen um eine konkrete geistliche Lebensgestaltung, Gebet und Orientierung an der Heiligen Schrift, Leben aus der Kraft der Sakramente, aktive Teilnahme am Leben einer Gemeinde, Übereinstimmung mit der Glaubenslehre und Orientierung an der Lebensordnung der katholischen Kirche als Leitlinie für das persönliche Leben.

3.3. Die fachlichen Voraussetzungen werden erworben:
– in der Regel durch ein erfolgreich abgeschlossenes theologisch-religionspädagogisches Studium an einer Fachhochschule. Unter Berücksichtigung diözesaner Regelungen kann die Ausbildung auch an einer Fachakademie oder durch eine vergleichbare berufs- und praxisbegleitende Ausbildung erfolgen;
– durch das erfolgreiche Absolvieren vorgeschriebener Praktika;
– durch die Inanspruchnahme spiritueller Begleitung und die Teilnahme an gemeinsamen geistlichen Angeboten gemäß den diözesanen Vorgaben
– sowie den erfolgreichen Abschluss der zweiten Bildungsphase.

3.4. Voraussetzung für den Dienst als Gemeindereferentin/Gemeindereferent ist eine im Glauben angenommene und gestaltete Lebensform. Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten sollen in ihrem persönlichen Lebenskreis glaubwürdige Zeugen der Frohen Botschaft sein. Das Einverständnis des Ehepartners mit der Übernahme des pastoralen Dienstes wird vorausgesetzt.

3.5. Im Übrigen gelten die „Richtlinien über persönliche Anforderungen an Diakone und Laien im pastoralen Dienst im Hinblick auf Ehe und Familie“.

4. Ausbildung, Berufseinführung, Fortbildung

Die Bildung der Gemeindereferentin/des Gemeindereferenten gliedert sich in drei Phasen: die Ausbildung, die Berufseinführung und die Fortbildung nach der Zweiten Dienstprüfung. In jeder dieser Phasen sind die Dimensionen Persönlichkeitsentwicklung, Spiritualität, theologisches Wissen und pastoralpraktische Befähigung in je verschiedener Akzentuierung unverzichtbar.

4.1. Die Phase der Ausbildung umfasst das vorgeschriebene Studium einschließlich der zwei praktischen Studiensemester bzw. dem Berufspraktischen Jahr; sie wird durch die erfolgreiche Erste Dienstprüfung beendet. Für das Jahrespraktikum wird ein Ausbildungsvertrag, für das berufspraktische Jahr wird ein Praktikantenvertrag abgeschlossen. Näheres regeln die jeweiligen diözesanen Ordnungen und die Ordnungen der Ausbildungsstätten. Die theologisch-religionspädagogische Ausbildung erfolgt in der Regel an einer Fachhochschule. Der Fachhochschulabschluss gilt als Erste Dienstprüfung. Die anderen Ausbildungswege sind gemäß den jeweiligen diözesanen Vorschriften Zulassungsvoraussetzungen für eine der Ersten Dienstprüfung vergleichbaren kirchlichen Prüfung. Soweit die Durchführung des berufspraktischen Jahres in der Verantwortung der Diözese liegt, gelten die jeweiligen diözesanen Bestimmungen. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Ersten Dienstprüfung entscheidet die (Erz-)Diözese über die Anstellung als Gemeindeassistentin/Gemeindeassistent.

4.2. Die Phase der Berufseinführung umfasst in der Regel die ersten beiden Dienstjahre. Die Gemeindeassistentin/der Gemeindeassistent erhält für diese Zeit eine vorläufige bischöfliche Beauftragung für die kirchliche Gemeindearbeit und die vorläufige Unterrichtserlaubnis für den Religionsunterricht. Die Phase der Berufseinführung wird mit der Zweiten Dienstprüfung abgeschlossen.
Die Zweite Dienstprüfung kann bei Vollbeschäftigung frühestens am Ende des zweiten Dienstjahres und muss spätestens am Ende des vierten Dienstjahres abgelegt werden. Inhalt und Verfahren der Zweiten Dienstprüfung werden durch die Diözesen geregelt.

4.3. Nach erfolgreichem Abschluss der Zweiten Dienstprüfung und Anstellung durch die Diözese erhält die Gemeindereferentin/der Gemeindereferent die bischöfliche Beauftragung für die kirchliche Gemeindearbeit und die Missio canonica für den Religionsunterricht. Die Erteilung der Beauftragung erfolgt im Rahmen einer gottesdienstlichen Feier.
Zu Beginn ihrer/seiner Tätigkeit und bei einem Wechsel der Einsatzstelle wird die Gemeindereferentin/der Gemeindereferent durch den/die für die Leitung Verantwortliche/n in geeigneter Weise eingeführt (z. B. im Gottesdienst, im Pfarrbrief).

4.4. Die Phase der Fortbildung beginnt mit der Anstellung und umfasst die gesamte Zeit des Dienstes als Gemeindereferentin/Gemeindereferent. Die Fortbildung dient der Reflexion (z.B. Praxisbegleitung, Supervision) und der Erweiterung der für die Ausübung des pastoralen Dienstes erforderlichen persönlichen, fachlichen und spirituellen Kompetenzen. Im Interesse einer fruchtbaren Zusammenarbeit der verschiedenen pastoralen Dienste sorgt die (Erz-)Diözese neben speziellen Fortbildungsveranstaltungen für Gemeindereferentinnen/Gemeindereferenten auch für berufsgruppenübergreifende Fortbildungsangebote.
Die Gemeindereferentin/der Gemeindereferent ist zur berufsbegleitenden Fortbildung verpflichtet. Die Teilnahme an Supervision wird empfohlen und unterstützt.

Vorstehende Dienstordnung entspricht einem grundsätzlichen Übereinkommen der bayerischen Diözesen vom 19. 09. 2001.

Sie wird für die (Erz-)Diözese .... mit Wirkung vom 01. 01. 2002 in Kraft gesetzt.
Die Dienstordnung für Gemeindeassistenten/-innen und Gemeindereferenten/innen in der (Erz-)Diözese .... vom .... wird mit gleichem Datum außer Kraft gesetzt.
(Erz-)Bischof

Feststellungsbeschluss der Bayer. Reg.-KODA vom 11. Juli 2001:

Die Bayer. Reg.-KODA stellt fest und bestätigt, dass die „Dienstordnung für Gemeindereferentinnen/Gemeindereferenten Teil I, Allgemeiner Teil“ in der Fassung vom 01. 01. 2002 Bestandteil der Arbeitsverträge der Mitarbeiter im Bereich des Arbeitsvertragsrechts der bayer. (Erz-)Diözesen ist.